Kunstwerk des Monats Juli

Rütjer Rühle, Mühle, 1997–2001


Rütjer Rühle

*1939 in Leipzig



Mühle, 1997–2001


Öl und Mischtechnik auf Leinwand, Papier, Holz, Buchseiten, Stahl, Stoff
350x388x388cm (Leinwände je 350x308cm)

Erworben mit Mitteln der Ars Rhenia Stiftung, Vaduz, sowie der Gerda Techow gemeinnützige Stiftung, Vaduz

Über einer am Boden liegenden Leinwand schwebend, fügen sich die Rückseiten von vier Keilrahmen zu einer Installation. Die Zettel und Textfragmente, Formeln und Notizen, mit denen die Aussenwände beklebt und beschrieben sind, geben Hinweise auf die thematischen Hintergründe der Malerei-Installation.

Beim Betreten der Mühle durch einen der Eingänge an den Ecken wird erfahrbar, was Rühle selbst einen «grossen Resonanzraum» nennt: ein Raum der Malerei. «Mahlen» und «Malen» sind für den Künstler durch eine Beziehung verbunden, die sich nicht in der lautlichen Ununterscheidbarkeit der beiden Wörter erschöpft. Vielmehr steht das Mahlen sinnbildhaft für den schöpferischen Prozess selbst – ihn fasst Rühle, in Anspielung auf die Biografie Rembrandts, in folgendes Bild: «Der Sohn des Müllers zermahlt Pigment- klumpen zu Farbstaub, wählt sich ein Bindemittel und malt: Im Dunkeln lässt er Licht auf- scheinen.»

Während im Laufe des 20. Jahrhunderts wiederholt das Ende der Malerei erklärt worden ist, bekennt sich Rühle zu ihr, indem er ihre materiellen und dimensionalen Grenzen auslotet: Seine pastosen Farben mischt er mit Sand, Gewebe oder Holz, um Bilder entstehen zu lassen, die wie von Kratern durchfurchte Urlandschaften wirken. Ihrem Relief ist der Herstellungsprozess – die Geste der Hand, oft auch die Abdrücke archetypischer Stempel – ablesbar. Durch das Zusammenfügen grossformatiger Leinwände zu ein- fachen Architekturen wird die abstrakte Malerei schliesslich selbst raumbildend.

Als in sich geschlossener Raum, in dem alles in Wandlung ist, wird die Mühle zum Sinnbild von Erde und Weltall. Die Beschäftigung mit Kreislaufsystemen verbindet Rühle mit dem Lyriker Paul Celan, dessen zyklisches Weltbild zum Untergang der Welt tendiert, welcher wiederum Voraussetzung für die Entstehung einer neuen ist. Einige Gedichtbände Celans hat Rühle in eigene «Bücher gemalter Dichtung» umgesetzt.

<b>Rütjer Rühle, Mühle, 1997–2001
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Das Kunstmuseum Liechtenstein stellt jeden Monat ein Werk aus der eigenen Sammlung in den Mittelpunkt der Betrachtung. Auch werden regelmässig Werke aus der Sammlung der Hilti Art Foundation auf diese Weise vorgestellt.