Kunstwerk des Monats Juni

Mario Merz. Spirale di cera, 1970/81

Mario Merz

* 1925 in Milan, † 2003 in Milan


Spirale di cera, 1970/81


Wachs

Höhe 6,5 cm, Ø 7,12 m
LSK 00.50

Als junger Mann fand Mario Merz, einer der Hauptvertreter der italienischen Arte povera, seine Motive in der Natur, doch suchte er nicht die Phänomene zu beschreiben, sondern die erlebte Intensität. Ein suggestives Konzept, das er sich dabei zu Eigen machte, ist die seit dem Mittelalter bekannte Fibonacci-Zahlenreihe, die sich in verschiedenen Organisationsstrukturen der Natur nachweisen lässt – in der Vermehrung mancher Tiere, an Tannenzapfen, Sonnenblumen und so fort.

Die Spirale di cera geht auf eine Idee von Mario Merz aus dem Jahre 1970 zurück. Für eine geplante, aber nicht realisierte Einzelausstellung im Haus Lange in Krefeld – einer Villa, die Mies van der Rohe für den Seidenfabrikanten Hermann Lange entworfen hatte – wollte er eine raumbezogene Arbeit schaffen, ein Objekt, das sich ganz in das Gebäude einfügen würde. Merz liess ausgehend vom geometrischen Mittelpunkt eine Spirale wachsen, deren Windungen sich entsprechend der Fibonacci-Folge ausdehnten. Vor- gesehen waren sechs Windungen in der Progression der Zahlenreihe: 1 1 2 3 5 8. Die Spirale sollte nicht nur die Mauern durchdringen, sondern sich bis in den Garten aus- weiten.

Entsprechend seiner Auffassung der Fibonacci-Folge als Parameter eines natürlichen Wachstums konfrontiert Merz hier zwei sich widersprechende Formsysteme: Natur und modernistische Architektur. Gegen die strenge Architekturform setzt die Spirale eine Wachstum und Bewegung verkörpernde Naturform, die zugleich ein Bild der Konzentration und Rückführung auf ein Zentrum in sich birgt. Erst 1981 anlässlich der Ausstellung Arbeiten um 1968. Kounellis, Merz, Nauman, Serra kam es zur Ausführung, jedoch in verkleinertem Umfang, und einzig an einer Stelle durchdrang die Wachsspirale die Mauern.

<b>Mario Merz. Spirale di cera, 1970/81</b>
Das Kunstmuseum Liechtenstein stellt jeden Monat ein Werk aus der eigenen Sammlung in den Mittelpunkt der Betrachtung. Auch werden regelmässig Werke aus der Sammlung der Hilti Art Foundation auf diese Weise vorgestellt.