Kunstwerk des Monats Februar

Jessica Stockholder, #323/1999 (no title), 1999

Jessica Stockholder

* 1959 in Seattle, USA


#323/1999 (no title), 1999


Fotografie, Plastikfolie, Papier, Reisszwecken, Metall, Regalböden, Gewindestangen, Mülltonne, Holzbalken, Bürsten, Bindfaden, Acrylgarn, Acryl- und Ölfarbe

Gesamtmass ca. 156 x 200 x 127 cm

Ehemalige Sammlung Rolf Ricke im Kunstmuseum Liechtenstein, Vaduz, Kunstmuseum St. Gallen, MMK Museum für Moderne Kunst Frankfurt am Main

 

Jessica Stockholder ist vornehmlich durch ihre raumgreifenden, farbenfrohen Installationen, die zwischen Malerei und Skulptur anzusiedeln sind, bekannt geworden. Ihre Materialien entnimmt sie zumeist dem Alltag. Dabei hat sie keinerlei Berührungsangst vor dreidimensionalen Objekten, die sie bedenkenlos als Bildträger für ihre flächige Malerei bzw. als Farbträger selbst verwendet: etwa eine Mülltonne oder Putzutensilien im Werk #323. Die funktionalen Materialien verwandelt Stockholder durch den zweidimensionalen Einsatz der Farbe und durch die Art ihrer Verwendung zu nahezu abstrakten Formen und Farben.

Trotzdem sprechen die Gegenstände von ihrer Herkunft und eröffnen erzählerische Momente. In #323 ist die Kulisse die Stadt mit ihrem Müll und Requisiten der Sauberkeit. Über all dem liegt die Frage der Projektion; so spiegelt sich eine in intensivem Rosa gehaltene Fläche im Wasser und Himmel der vertikal gehängten Fotografie und lässt die Schönheit eines Sonnenuntergangs aufscheinen. Die weisse Fläche auf der Mülltonne und die eingeschnittene Form in der Folie, die über der Fotografie liegt, zeugen von der Projektion einer klaren geometrischen Form und deren medialer Verzerrung. «Die Erzählung wird von meinen Arbeiten nicht vorgegeben, aber sie liefern eine Struktur und ein paar Stichworte, die eine Art Geschichte-Erzählen anregen, das vom Betrachter ergänzt wird», so die Künstlerin.

Stockholders Verfahren ist die Collage: «Für mich ist die Collage ein Aufbauen, ein Prozess der Konstruktion; und auch eine Möglichkeit, eine Menge Sujets mit hineinzubringen. Ich versuche stets, so viel Chaos entstehen zu lassen, dass mein geordneter Gedankenablauf durcheinandergerät. Die durch die Collage eingeführte Breite hilft mir dabei.» Ihre Arbeiten entziehen sich daher einem raschen Blick, sind nicht allein rational zu erfassen, vielmehr rufen sie eine emotionale Stimmung hervor. Und zugleich erreicht Jessica Stockholder durch diese Art des Verfahrens eine überraschende Unmittelbarkeit. Ungeachtet der Bestimmtheit jeder Setzung, die zu spüren ist, strahlen ihre malerisch-skulpturalen Werke eine grosse Offenheit aus.

Christiane Meyer-Stoll

<b>Jessica Stockholder, #323/1999 (no title), 1999</b>
Das Kunstmuseum Liechtenstein stellt jeden Monat ein Werk aus der eigenen Sammlung in den Mittelpunkt der Betrachtung. Auch werden regelmässig Werke aus der Sammlung der Hilti Art Foundation auf diese Weise vorgestellt.