Kunstwerk des Monats Dezember

Barry Le Va, On Center Shatter-or-Shatterscatter (within the Series of Layered Pattern Acts), 1968–71

Barry Le Va

* 1941 in Long Beach/California (US) lebt und arbeitet in New York (US)


On Center Shatter-or-Shatterscatter (within the Series of Layered Pattern Acts), 1968–71


Glasscheiben,
wahlweise 91,5×151,5cm oder 122×183cm; Gesamtmass ca. 7×145×185cm

Ehemalige Sammlung Rolf Ricke im Kunstmuseum Liechtenstein, Vaduz, Kunstmuseum St.Gallen, MMK Museum für Moderne Kunst Frankfurt am Main

On Center Shatter-or-Shatterscatter zeigt das Ergebnis wuchtiger Energie, welche auf mehrere am Boden aufeinandergeschichtete Glasscheiben getroffen ist. Doch welcher Gegenstand hat die physikalischen Kräfte der hier nun offenkundigen Wirkung freigesetzt? Welche Handlung geht dem Erscheinungsbild kraftvoll zerschmetterten Glases voraus? Der Künstler Barry Le Va bezeichnet seine scatter pieces auch ‹distributions› (Streuungen), bezugnehmend auf die zahllos gestreuten Zersplitterungen, die aus dem energiegeladenen Prozess der Werkgenese hervorgehen. Die Werkreihe unterliegt dabei in ihrem ungewissen, zufällig entstehenden Resultat vorsätzlich geplanten Aufführungsregeln. Den Ausgangspunkt der Arbeit On Center Shatter-or-Shatterscatter bilden fünf gleich grosse Glasscheiben, deren Dimension am Boden des Aufführungsortes anhand von Klebebändern markiert wird. Nacheinander wird nun Scheibe für Scheibe unter Zuhilfenahme eines Vorschlaghammers mit einem kraftvollen Hieb zertrümmert, wobei die jeweils nachfolgende, noch intakte Scheibe exakt auf die Markierung gelegt wird und den bisherigen Vorgang vorübergehend fixiert. Die fünfte Glasscheibe wird schliesslich unversehrt auf das Feld versprengter Scherbenfragmente gelegt und konserviert auf diese Weise die energetische Dynamik des Werkprozesses.

Barry Le Va begann in den 1960er-Jahren in den USA – wie etwa Richard Serra, Robert Morris, Eva Hesse und Gary Kuehn – über die minimalistische Intention objektivierter Anordnung von Form und Material im realen Raum hinaus, den Prozess der Werkproduktion in den Fokus zu stellen. Die ersichtliche Einschreibung künstlerischer Handlung und die Offenlegung der physisch ausführenden Geste wurden hierbei akzentuiert. So lässt sich bei On Center Shatter-or-Shatterscatter in der Beobachtung des Vorhandenen Schicht für Schicht den Spuren des zeitlich versetzten Vorgangs körperlicher Energieentladung nachspüren und gleichzeitig die faktische Präsenz des Werks im Raum erfahren.

Denise Rigaud

<b>Barry Le Va, On Center Shatter-or-Shatterscatter (within the Series of Layered Pattern Acts), 1968–71</b>
Das Kunstmuseum Liechtenstein stellt jeden Monat ein Werk aus der eigenen Sammlung in den Mittelpunkt der Betrachtung. Auch werden regelmässig Werke aus der Sammlung der Hilti Art Foundation auf diese Weise vorgestellt.