Kunstwerk des Monats Februar

Verena Loewensberg, Ohne Titel, 1984/85, Hilti Art Foundation

Verena Loewensberg

* 1912 in Zürich, † 1986 in Zürich


Ohne Titel, 1984/85


Öl auf Leinwand
100×100cm

Hilti Art Foundation

Die aus 26 Einzelwerken bestehende Serie der Zweifarbigen Bilder, die Verena Loewensberg zwischen 1983 und 1986, also in den letzten Jahren ihres Lebens, schuf, darf man wohl als ihr künstlerisches Vermächtnis betrachten. In ihr verband sie nicht nur zwei unterschiedliche, schon früher entwickelte Bildideen miteinander – das gestufte Rechteck sowie den Dialog zweier verschiedener Farben –, sondern sie fand darin auch zu einer Klarheit und geradezu schwebenden Ruhe der Form, zu einer Feinsinnigkeit der Farbgebung, die sich als Frucht einer langjährigen künstlerischen Praxis und Erfahrung zu erkennen gibt.

In all diesen 100×100 cm messenden Bildern erscheint stets eine monochrome Form auf einem monochromen Grund. Immer hat diese nahezu quadratische Form mehrfach rechtwinklig abgestufte Ränder und eine Farbe, die sich von der des Grundes unterscheidet. Im Werkprozess ging dabei zunächst eine kleinformatige, auf Millimeterpapier erstellte Studie voraus, die Verena Loewensberg massstabgerecht auf die grundierte Leinwand übertrug. Anschliessend malte sie Form und Grund ohne Verwendung eines Klebestreifens präzise mit dem Pinsel aus, Farbe für Farbe, Schicht für Schicht, bis zur Entstehung einer homogen erscheinenden Bildoberfläche, die ihre stoffliche Qualität ebenso aus der Maltechnik wie aus dem Öl des Bindemittels gewinnt. Dass, vergleicht man alle 26 Einzelwerke miteinander, keine der Formen mit einer anderen identisch ist, sondern feinste Veränderungen im Umriss durch die jeweilige Anzahl, Position und Tiefe der Winkel aufweist, und dass es im Dialog der Farben immer wieder neue, teils deutlich kontrastierende, teils subtil differierende Kombinationen gibt, die nicht einer Theorie, sondern ausschliesslich der sinnlichen Anschauung folgen, macht den besonderen Reiz und Wert dieser Werkserie aus.

Ob nun einzeln oder im Ganzen betrachtet, die Vertiefung ins Werk gerät, bei aller anregenden Wirkung auf das Auge, zur Konzentration, die Konzentration schliesslich zur Meditation. Eine Grenzüberschreitung ist denkbar – von der immanenten Welt konkreter Formen und Farben zu einem transzendenten Ort erhabener Schwerelosigkeit.

Uwe Wieczorek

<b>Verena Loewensberg, Ohne Titel, 1984/85, Hilti Art Foundation</b>
Das Kunstmuseum Liechtenstein stellt jeden Monat ein Werk aus der eigenen Sammlung in den Mittelpunkt der Betrachtung. Auch werden regelmässig Werke aus der Sammlung der Hilti Art Foundation auf diese Weise vorgestellt.