Kunstwerk des Monats März

Isidore Isou, Double réseau, 1961

Isidore Isou

* 1925 in Botosani, Rumänien, † 2007 in Paris, Frankreich


Double réseau, 1961


Öl auf Leinwand

73×60cm

Schenkung Robert Altmann, Viroflay

Im Werk Double réseau – Doppel-Netzwerk oder Doppel-T-Schaltung (ein Begriff aus der elektrischen Nachrichtenübertragung) – finden sich auf einer weiss grundierten Leinwand zwei sich kontrastierende Farbflächen, die den Bildträger in ihrer ähnlichen Dimension annähernd halbieren. Die eine Fläche, mit schwarzer Ölfarbe dünn aufgetragen, verläuft an ihren Rändern unruhig ausfransend in das lasierte Weiss und vermittelt auf diese Weise den Anschein des Hervorholens einer ‹verborgenen› Schicht. Die andere Farbfläche hingegen zeichnet sich durch ihre weiss pastos aufgespachtelte Qualität aus. Auf beiden setzt Isidore Isou dicht aneinandergereiht orangefarbene Farbspuren, die in ihrer Anmutung an handgeschriebene Schriftzeichen erinnern. Auf der pastos weissen Fläche sind zusätzlich singulär schwarze Zeichenkörper aufgetragen. Bei näherer Betrachtung lassen sich auf beiden Flächen vereinzelt Buchstaben, zusammengesetzte Wortgebilde und typografische Zeichen aus der orangefarbenen ‹Textgestalt› ausmachen. Aufgrund unseres alltäglich gewohnten Wahrnehmungsprozesses ermutigt dies den Rezipienten, den Versuch zu unternehmen, aus dem Unlesbaren Lesbares zu identifizieren.

Der rumänische Künstler Isou übersiedelte 1945 nach Paris, wo er zum Gründer und zugleich wichtigsten Theoretiker der sogenannten lettristischen Bewegung wurde, die Schrift- und Grafikelemente als expressive, bildnerische Mittel auffasste. Die Zerlegung der einzelnen Worte und die Neuzusammensetzung der Buchstaben entsprechen Isous kompositorischem Prinzip von Malerei, das auf die poetischen Qualitäten der Zeichen setzt. Durch das Ablösen der Buchstaben von den Worten löst sich der Signifikant (die Form) vom Signifikat (Bedeutung) und bleibt als Zeichenkörper zurück, der im Kontext der Malerei sowohl Figuration als auch Abstraktion sein kann. «Kein Wort vermag die Impulse zu transportieren, die man mit ihm vermitteln möchte» – für Isidore Isou stellt die Reduktion der Sprache auf das einzelne Element der Buchstaben und das unbekannte Neu-Zusammengefügte die kreativste und reinste Form der Poesie dar.

Denise Rigaud

<b>Isidore Isou, Double réseau, 1961</b>
Das Kunstmuseum Liechtenstein stellt jeden Monat ein Werk aus der eigenen Sammlung in den Mittelpunkt der Betrachtung. Auch werden regelmässig Werke aus der Sammlung der Hilti Art Foundation auf diese Weise vorgestellt.