Kunstwerk des Monats August

Alberto Giacometti, Ateliertisch des Bildhauers, nach 1950

Alberto Giacometti

*1901 in Borgonovo, † 1966 in Chur, Switzerland


 Ateliertisch des Bildhauers, nach 1950


Kugelschreiber auf Papier

29,2 x 24 cm

Die Zeichnung Ateliertisch des Bildhauers von Alberto Giacometti zeigt Formulierungen des Künstlers zu Büste und Torso. Im unteren Drittel des Hochformats bieten sich diese auf einer angedeuteten Plattform allesamt im Seitenprofil dar, wobei ihre formale Darstellung Assoziationen an archaische Profildarstellungen ägyptischer Kunst – mit der sich der Künstler befasste – hervorrufen mag. Schleifenartige, hin und her gehende Gesten verleihen den Figuren ihre Gestalt. Das verwendete Material des Kugelschreibers erlaubt dem Betrachter, den Formulierungsprozess des Künstlers in seinem sich annähernden Suchen nachzuvollziehen. So erkunden bei genauerer Betrachtung sich wiederholende, schnell ausgeführte Linien Position und Form der zu gestaltenden Merkmale.

In Ateliertisch des Bildhauers überführt Giacometti die dreidimensionale Auseinandersetzung seiner künstlerischen Arbeit in die Fläche, setzt durch die Aufteilung des Blattes die Figuren in ein spezifisches Verhältnis zu ihrer Umgebung und führt so weitere Perspektiven seines Erforschens der menschlichen Gestalt ein. Dabei kann das stete Streben nach einem wissentlich unlösbaren Abgleich zwischen dem Erlebnis der Wahrnehmung und der schliesslich überführten künstlerischen Form als ein wesentlicher Impuls Giacomettis betrachtet werden, die beobachtbare Wirklichkeit in den Fokus seines Schaffens zu stellen: «Ich weiss [...], dass es mir ganz unmöglich ist, [...] einen Kopf zu modellieren, zu malen oder zu zeichnen, so wie ich ihn sehe, und doch ist es das Einzige, was ich zu tun versuche.»

Wenngleich insbesondere das bildhauerische Werk Alberto Giacomettis im Bewusstsein der Rezipienten verankert ist, verfolgt der Künstler bis zu seinem Tod mit der gleichen Ernsthaftigkeit alle drei bildkünstlerische Gattungen – Malerei, Bildhauerei und das Zeichnen. Das Individuum in seiner unverkennbaren, konkreten Einzigartigkeit und seiner gleichzeitigen Verfasstheit als menschliche Existenz im Allgemeinen bilden dabei die Essenz seines künstlerischen Werks.

Denise Rigaud

<b>Alberto Giacometti, Ateliertisch des Bildhauers, nach 1950</b>Alberto Giacometti, Ateliertisch des Bildhauers, nach 1950
Alberto Giacometti, Ateliertisch des Bildhauers, nach 1950

Das Kunstmuseum Liechtenstein stellt jeden Monat ein Werk aus der eigenen Sammlung in den Mittelpunkt der Betrachtung. Auch werden regelmässig Werke aus der Sammlung der Hilti Art Foundation auf diese Weise vorgestellt.