Kunstwerk des Monats Februar

Wassily Kandinsky, Entre Deux, 1934, Hilti Art Foundation

Wassily Kandinsky

*1866 in Moskau, Russland, †1944 in Neuilly-sur-Seine, Frankreich


Entre Deux, 1934


Öl, Tempera auf Leinwand
130×95cm

Hilti Art Foundation

Das Gemälde Entre Deux gehört zu Wassily Kandinskys Spätwerk. Der Maler konnte auf fruchtbare und erfolgreiche Jahre zurückblicken. Er war Professor an der Universität in Moskau sowie am Bauhaus in Weimar und nachfolgend in Dessau, hatte wichtige kunsttheoretische Schriften verfasst (Über das Geistige in der Kunst, 1910; Punkt und Linie zu Fläche, 1926) und viele seiner Gemälde bei internationalen Ausstellungen gezeigt. 1933 jedoch, nach Schliessung des Bauhauses in Dessau und Berlin durch die Natio- nalsozialisten, entschloss sich Kandinsky, der 1928 die deutsche Staatsbürgerschaft erworben hatte, zur Emigration nach Paris.

Allen wirtschaftlichen Einbussen zum Trotz, die er in der neuen Heimat, wo man seiner Kunst distanziert begegnete, erfahren musste, komponierte Kandinsky bald schon Bilder von geradezu orientalischem Farben- und Formenreichtum. Die geometrische Tektonik der Bauhaus-Jahre wich nun vorrangig biomorphen Gebilden, die sich frei schwebend über die Bildfläche verteilen. Kandinsky gab seinen Bildelementen eine neue Stofflichkeit, mischte erstmals Sand in die Ölfarbe. Sieben von fünfzehn Gemälden aus dem Jahr 1934 weisen diesen Zusatz auf, wie auch Entre Deux, das gleichermassen Einblick in mikro- und makrokosmische Welten zu gewähren scheint. Eine Zweiteilung des Bildmotivs fällt auf, anderen Werken dieser Zeit vergleichbar – «Zwillingsformen», die sich verbinden oder trennen, einander dialektisch ergänzen, vielleicht das Weibliche und Männliche meinen, das Geistige und Stoffliche, das Werden und Vergehen.

«Innere Notwendigkeit» nannte Kandinsky den formschaffenden Antrieb seiner abstrakten Kunst. Was aus innerer Notwendigkeit entstand, bedurfte keiner ausserhalb des Bildes liegenden, gegenständlichen Rechtfertigung. Doch in den dreissiger Jahren schien ihm auch das Abstrakte, da es vom Gegenstand ‹abstrahiert›, noch allzu gegenstandsbezogen. Kandinsky reflektierte und schrieb, wie schon Theo van Doesburg nur wenige Jahre zuvor, über das Konkrete in der Kunst, das auf nichts verweist ausser auf sich selbst. Vor diesem Hintergrund sind symbolische Auslegungen seiner späten Bilder nur mit Vorsicht zu wagen.

Uwe Wieczorek

<b>Wassily Kandinsky, Entre Deux, 1934, Hilti Art Foundation</b>
Das Kunstmuseum Liechtenstein stellt jeden Monat ein Werk aus der eigenen Sammlung in den Mittelpunkt der Betrachtung. Auch werden regelmässig Werke aus der Sammlung der Hilti Art Foundation auf diese Weise vorgestellt.