Kunstwerk des Monats Juli

Reiner Ruthenbeck, Weisses Dreieck, 1980

Reiner Ruthenbeck

* 1937 in Velbert, † 2016 in Ratingen, Deutschland


Weisses Dreieck, 1980


Schwarzer Aluminiumstab, weisser Bandring, Metallstift

46 x 70 x 4 cm

 

In dem Wandobjekt Weisses Dreieck aus dem Jahr 1980 überlässt Reiner Ruthenbeck der Schwerkraft die Entfaltung der betitelten Form im Raum: Ein Metallstift, um den ein 4 cm breites Stoffband gelegt wird, bildet hier die Spitze eines gleichschenkeligen Dreiecks, während sich durch das Gewicht eines gleich breiten, 70 cm langen, schwarzen Aluminiumstabs, der in das Band gelegt wird, die geometrische Form bildet.

Auf eine den Entstehungsprozess leicht nachvollziehbare Weise wird hier ein sich selbst formendes Objekt in seiner Konstitution von Gegensätzen (schwarz/weiss, hart/weich etc.) zum Gegenstand der Betrachtung. Dabei entsteht eine an die ausgestellte Zeit gebundene, sich selbst ausgleichende Balance von Ausdehnung und Widerstand, von Stabilität und Veränderlichkeit: «Ein Hauptthema meiner Arbeit ist die Polarität, die Dualität oder (und) deren Aufhebung im Kunstwerk. Ich versuche, eine Art schwebendes Gleichgewicht in meiner Kunst und damit im Bewusstsein des Betrachters zu erreichen.» So trägt das Wandobjekt in seiner klar ersichtlichen Ausführung eine ruhende Kraft in sich.

Mit dem Einsatz zumeist weniger Mittel realisiert Ruthenbeck seine Objekte, die in ihrer Reduktion eine sensible gestalterische Wirkungskraft entfalten. Hierfür nützt der Künstler vor allem Materialien wie Papier, Asche oder Stoff, denen eine weiche, veränderliche Qualität innewohnt. So changiert sein Werk zwischen minimalistischer und konzeptueller Form sowie einer eingehenden Sinnlichkeit. Im Gegensatz zu den Vertretern der Minimal Art, deren Interesse insbesondere dem anonymen und gleichwertigen Eigenwert von Form und Material und ihrer physischen Präsenz im Raum galt, bedient sich Reiner Ruthenbeck zwar auch einer reduzierten Formensprache, betont jedoch den ephemeren, prozesshaften Charakter in seinem skulpturalen Werk. Die Erkundung einer sich wandelnden Beschaffenheit von Medien sowie ein sich regulierendes Gleichgeweicht von Divergenz spielen hierbei für den Künstler eine zentrale Rolle: «Polarität ist höchste Abstraktion. Je feiner das Medium ist, desto besser kann Spiritualität dargestellt werden.»

Denise Rigaud

<b>Reiner Ruthenbeck, Weisses Dreieck, 1980</b>
Das Kunstmuseum Liechtenstein stellt jeden Monat ein Werk aus der eigenen Sammlung in den Mittelpunkt der Betrachtung. Auch werden regelmässig Werke aus der Sammlung der Hilti Art Foundation auf diese Weise vorgestellt.