Kunstwerk des Monats März

Bill Bollinger, Wire Piece, 1970

Bill Bollinger

*1939 in New York, † 1988 in Pine Plains/New York


Wire Piece, 1970


Maschendraht
298 x 204.5 cm
Kunstmuseum Liechtenstein Ehemalige Sammlung Rolf Ricke im Kunstmuseum Liechtenstein, Vaduz, Kunstmuseum St.Gallen, MMK Museum für Moderne Kunst Frankfurt am Main KML 06.23

Bill Bollinger war während der 1960er und 1970er Jahre nicht vom internationalen Kunst­ geschehen wegzudenken: Seine Arbeiten wurden auf legendären Ausstellungen in New York und Europa gezeigt, deren Titel heute noch Zeugnis ablegen von einem neuen Umgang mit

Materialien in der Kunst. Nach der Minimal Art, in der industriell gefertigte Elemente meist seriell organisiert wurden, nutzten die Künstler nun die spezifischen, physikalischen Eigenschaften dieser Materialien als eine das Werk bestimmende Komponente. Bollingers Mittel sind Ölfässer, Metallrohre, Gummischläuche, Arbeitsleuchten, Hanfseile, Schubkarren, Spannschrauben, Holzlatten, usw.

Sein Wire Piece von 1970 besteht aus einem grossen Maschendraht, der flach, aber nicht plan an der Wand befestigt ist. Leicht hebt sich das Gitter von der Wand ab. Durch feine Wellen entsteht ein subtil dynamisches Bild, sodass der silbergraue Draht die Fläche im Licht hell und dunkel schimmern lässt. Obwohl das Gitter wie eine Rasterzeichnung auf der Wand wirkt, ist es doch plastisch. Es changiert zwischen Fläche und Raum, Zeichnung und Relief und entlässt den Betrachter mit dieser Irritation immer wieder zu sich selbst. Diese Erfahrung wurde seit den 1940er Jahren für die grossflächige amerikanische Malerei unter dem Begriff des Erhabenen in Anspruch genommen, ein Wort, das von den Künstlern dem Erlebnis von Naturgewalten entlehnt worden war. Bollinger, der vor seinem Studium der Malerei Luftfahrttechnik studiert hatte, kannte sowohl die Dimensionen des Weltalls als auch die Weiten des Ozeans und zeigte sich von beiden überwältigt.

Schon seine ersten, heute nicht mehr erhaltenen Bilder (sogenannte shaped canvases) oder die Channel Pieces (die frühesten erhaltenen Werke) markierten die Grenze zwischen Malerei und Objekt, zwischen zweiter und dritter Dimension. Überhaupt sind Fragen der Malerei in seinem räumlichen Schaffen immer aktuell. Für sein Wire Piece nutzt er kenntnisreich die dem Drahtgitter eigenen Qualitäten. Es ist flexibel, biegsam und sucht sich so seine eigene Form.

<b>Bill Bollinger, Wire Piece, 1970</b>
Das Kunstmuseum Liechtenstein stellt jeden Monat ein Werk aus der eigenen Sammlung in den Mittelpunkt der Betrachtung. Auch werden regelmässig Werke aus der Sammlung der Hilti Art Foundation auf diese Weise vorgestellt.