Kunstwerk des Monats Januar

Jan Steen, Maikönigin, n.d.

Jan Steen

*1626 in Leiden, † 1679 in Leiden


 Maikönigin, n.d.


Öl auf Holz

78x63cm
Schenkung Graf Maurice Arnold von Bendern 1968

Jan Steen setzt in seinem Gemälde ein Mädchen in den Vordergrund, dessen Blicke voller Konzentration ganz auf eine Schale gerichtet sind, die es mit beiden Händen fest umschliesst. Es befindet sich inmitten einer Gruppe von Kindern, die es begleiten. Der Junge hält einen mit Zweigen geschmückten Prozessionsstab, der fast bis an den oberen Bildrand reicht. Die Gruppe hat eben einen Torbogen durchschritten, der den Blick auf eine dörfliche Gegend öffnet. Alle tragen ihre Festtagstracht. Als einzige Person auf dem Bild trägt das Mädchen jedoch ein weisses Gewand. Reich geschmückt und mit einem Blumenkranz bekrönt zieht es die Blicke zweier Erwachsener auf sich, die ihm freundlich zulächeln. Der Kopf des Mädchens ist in die genaue Bildmitte gesetzt. Es ist nicht nur die zentrale Figur des Bildes, sondern auch die Hauptperson der Gruppe. Das Sujet zeigt einen in Holland gepflegten Brauch, wonach Kinder mit Blumen aus Papier in den Dörfern von Haus zu Haus zogen, um Geld für wohltätige Zwecke zu sammeln. Dabei sangen sie das Lied von der «fröhlichen oder stolzen Pfingstblume». Ange- führt wurden diese kleinen Prozessionen von einem weiss bekleideten Mädchen, das die Schale für die Almosen vor sich trug. Diese Prozession entwickelte sich aus der Feier des Pfingstfestes und der heidnischen Tradition, den Frühlingsanfang mit der Wahl der Maikönigin zu begehen.

Volkstümliche Bräuche gehörten zu den bevorzugten Motiven Jan Steens. Er galt als einer der beliebtesten Maler von Genrebildern, Bilder, die sich dem täglichen Leben widmen. Diese Bildgattung entstand in den Niederlanden im 16. Jahrhundert, als Maler wie etwa Pieter Bruegel Darstellungen des einfachen Volkes nutzten, um Laster wie Völlerei und Trunksucht darzustellen. In der holländischen Malerei des 17. Jahrhundert, das aufgrund seiner wirtschaftlichen und kulturellen Blüte als das Goldene Zeitalter bezeichnet wird, verschwand dieser belehrende Anspruch. Vielmehr standen nun das Volk selber im Mittelpunkt, der Alltag und das Brauchtum.

<b>Jan Steen, Maikönigin, n.d.</b>
Das Kunstmuseum Liechtenstein stellt jeden Monat ein Werk aus der eigenen Sammlung in den Mittelpunkt der Betrachtung. Auch werden regelmässig Werke aus der Sammlung der Hilti Art Foundation auf diese Weise vorgestellt.