Kunstwerk des Monats April

Henry Moore, Figure in a Shelter, 1983

Henry Moore

*1898 in Castleford, England, †1986 in Much Hadham, England


Figure in a Shelter, 1983


Bronze

183x213.5x244cm, Sockel 16cm x ø228cm
Erworben mit Mitteln der Lampadia Stiftung, Vaduz

Auf einem niedrigen Sockel erhebt sich eine menschenartige Gestalt, die Assoziationen an Frauenstatuetten aus archaischen Zeiten weckt. Zwei fragmentierte, gegeneinander versetzte Schalenformen hinterfangen die Figur und rahmen diese zugleich mit ihren Konturlinien. Sie bilden einen nach aussen abgerundeten, im Inneren organisch ausgewölbten Schutzraum («shelter»), der sich zu dem weiblichen Torso hin öffnet.

Die Idee einer gegenseitigen Bedingtheit von innerer und äusserer Form, von Körper und Ummantelung ist ein wesentlicher Aspekt des Schaffens Henry Moores. Sie führte den Künstler nicht nur dazu, das ihn zeitlebens beschäftigende Thema von Mutter und Kind als ein Verhältnis zwischen bergendem Mutterleib und in der Geborgenheit Heranwachsendem zu begreifen; in ihr gründete auch ein Interesse am Motiv des Helms, das Moore erstmals 1939/40 und später in einer Serie von Helmet Heads behandelte. Hier birgt eine äussere Form jeweils ein Inneres, das jedoch bereits weniger ein Kopf als vielmehr eine stehende Figur ist. In der aus den Helmet Heads hervorgehenden Plastik Figure in a Shelter ist der Panzer geweitet und gebrochen, mit Bronze Form von 1985 wird die Figur schliesslich zum Solitär.

Wie sich schon im Helmmotiv Erfahrungen aus Moores Kriegseinsatz von 1917 andeuteten, so wurde der Künstler besonders durch eine Werkserie berühmt, in der er die Monstrosität des Zweiten Weltkriegs zum Ausdruck brachte. Nachdem Moore eine of zielle Anstellung als Kriegskünstler zunächst abgelehnt hatte, verarbeitete er in seinen Shelter Drawings («Bunker-Zeichnungen») Eindrücke aus der Unterwelt der Londoner U-Bahn-Stationen, in welche die Bevölkerung 1940/41 abtauchte, um sich vor nächtlichen Bombenangriffen in Sicherheit zu bringen. Die Bilder sind Zeugnisse einer existentiellen Bedrohung, vor deren Hintergrund die U-Bahn-Schächte als Zu uchtsort, Decken und Gewänder als schützende Körperhüllen fungieren. Und insofern Figure in a Shelter ähnliche Themen verhandelt, kann sie auch als ein Mahnmal gegen den Krieg gelten.

<b>Henry Moore, Figure in a Shelter, 1983</b>
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