Kunstwerk des Monats Juli

Richard Serra, Vesturey I, II, III, 1909/91

Richard Serra

*1939 in San Francisco



Vesturey I, II, III, 1909/91


Radierung und Aquatinta auf Papier, Auflage 35 Exemplare
179,5x82cm/179x76cm/177,5x88,5cm

Eine massive schwarze Form baut sich in jedem der drei grossformatigen Drucke der Serie Vesturey vom unteren Blattrand her auf, um beinahe bis an die obere Kante zu ragen. Scharf grenzt sich das Schwarz mit seiner körnigen Materialität vom weissen Papier ab, das nur in schmalen Randflächen sichtbar bleibt. Die hochformatigen Proportionen des Blattes sowie die Dichte und Tiefe der Farbschicht lassen die schwarze Form als eine physische Gestalt erfahren, die sich in ein räumliches Verhältnis zum Körper des Betrachters setzt.

Die druckgrafischen Arbeiten Richard Serras zeugen von seiner bildhauerischen Herkunft und weisen auch inhaltlich immer wieder Bezüge auf. So ist die Serie Vesturey Teil einer Werkgruppe, die in Zusammenhang mit der landschaftsbezogenen Skulptur Afangar entstand, welche Serra 1990 realisierte. Über die der isländischen Hauptstadt Reykjavik vorgelagerte Insel Videy verteilte er neun Paare von Basaltstelen, die aus einer nahe gelegenen Gesteinsformation herausgelöst und auf die gewünschte Länge zugeschnitten worden waren. Durch seine natürliche säulenartige Ausformung machte der Basalt eine Behauung unnötig; als vulkanisches Gestein zeugt er zudem von der charakteristischen Geologie Islands.

Die aus Afangar hervorgegangenen Werke versteht Serra nicht als Abbildungen oder Illustrationen zu der Skulptur. Vielmehr beschreibt er die Arbeit an Afangar als einen «Katalysator, der zu verschiedenen Tätigkeiten wie Radieren und Zeichnen führte». Nachdem Serra in einer ersten Serie mit den technischen Möglichkeiten der Radierung experimentiert hatte, wandte er sich grösseren Formaten zu. Die ungewöhnlich plastische Wirkung der Vesturey-Drucke (Vesturey ist der Name einer Erhebung, die ein Teilgebiet der Insel Videy bildet) beruht auf einem eigens entwickelten Verfahren, das ein mehrfaches, tiefes Ätzen der Druckplatte mit der Einführung einer auf die geätzte Form zugeschnittenen Schablone aus starkem Papier kombiniert, die sich während des Druckverfahrens mit der Farbe verbindet.

Franziska Hilbe

<b>Richard Serra, Vesturey I, II, III, 1909/91</b>
Das Kunstmuseum Liechtenstein stellt jeden Monat ein Werk aus der eigenen Sammlung in den Mittelpunkt der Betrachtung. Auch werden regelmässig Werke aus der Sammlung der Hilti Art Foundation auf diese Weise vorgestellt.