Kunstwerk des Monats November

Saâdane Afif, Technical Specifications, Room 2, 2008

Saâdane Afif

* 1970 in Vendôme (FR)
lebt und arbeitet in Berlin (DE)


Technical Specifications, Room 2, 2008


Rauminstallation,
Dimensionen variabel

Die über einen längeren Prozess und aus mehreren Werken entstandene raumgreifende Installation Technical Specifications besteht zum einen aus der dreiteiligen kinetischen Arbeit Untitled (This is the Way You & I Measure the World, 2004). Sich drehende, konkav gebundene Plexiglasplatten mit aufgezogener Spiegelfolie reflektieren auf irisierende Weise ihre Umgebung. Weiters befindet sich im Raum das Werk Untitled (Blue Time, 2004) – ein hölzerner Polyeder, aus dessen Innerem, durch entsprechende Technik verstärkt, das Ticken einer Uhr zu vernehmen ist. In seiner Analogie zu Albrecht Dürers Melancolia I klingt hier Zeitlichkeit und die ambivalente Kraft der Melancholie an. Ferner schliesst die Installation die Arbeit Untitled (More, More, 2003) mit ein. An der Wand leuchtet in Neonblau das Zeichen eines Ankers. Bereits im frühen Christentum tritt dieses Motiv als Symbol des Glaubens in Erscheinung; im übertragenen Sinn Beständigkeit, Treue, aber auch Abenteuer und Heldentum symbolisierend. Darunter am Boden finden sich gestapelte Schwarz-Weiss-Fotokopien der Abbildung eines mit demselben Motiv tätowierten Arms, ergänzt von einer in Gedichtform verfassten Erzählung des Tattoo- Trägers über den unter die Haut gehenden Körperschmuck.

Technical Specifications hüllt den Besucher in ein Geflecht aus Licht, Tönen, Bewegung, reflektierender Materialität und lyrischem Text – ein dichtes Netz, welches auf die Spuren des Abwesenden im Anwesenden und der zirkulierenden medialen Transformation von Sinn führt.

Dem Werkprozess Afifs inhärent ist die Einladung an verschiedenste Autoren, eines seiner Werke auf poetische Weise zu betrachten. Auch die Arbeiten der Installation Technical Specifications sind in Form von Wandtexten um diese Reflexionsebene bereichert. Doch Afif führt den sinn-transformierenden Prozess noch weiter: ausgehend von den ‹technisch spezifischen Angaben› bereits produzierter Objekte – deren Werkangaben-Labels hier ihre materielle Abwesenheit repräsentieren –, erschuf der Künstler aus denselben Materialien die anwesenden neuen Werke und eröffnet so in der Variation seines eigenen Werkes auf prozessuale Weise weitere Sinnzusammenhänge.

Denise Rigaud

<b>Saâdane Afif, Technical Specifications, Room 2, 2008</b>
Das Kunstmuseum Liechtenstein stellt jeden Monat ein Werk aus der eigenen Sammlung in den Mittelpunkt der Betrachtung. Auch werden regelmässig Werke aus der Sammlung der Hilti Art Foundation auf diese Weise vorgestellt.