Kunstwerk des Monats November

Matti Braun, Lota, 2007/2010

Matti Braun

* 1968 in Berlin, Deutschland


Lota, 2007/2010


Baumwolle, Farbe, Beton, Eisen
2 Wandelemente, Dimensionen variabel
Betonskulptur, 2-teilig, je 140 × 62,5 × 13cm

Matti Brauns Arbeit Lota eröffnet ein weites Bezugs- und Assoziationsfeld, dessen Spur nach Indien, nach Ahmedabad führt, wo Mahatma Gandhi 1915 den Harijan Ashram gründete, der 1930 Ausgangspunkt seines friedlichen Salzmarsches wurde. Der Titel Lota verweist auf ein kleines bauchiges Gefäss aus Messing oder Kupfer. Ein Alltagsgegenstand, der auch bei religiösen Zeremonien zur Reinigung Einsatz findet. 1958 entdeckten Charles und Ray Eames auf ihrer Forschungsreise zur Förderung des Designs in Indien dieses Gefäss und empfanden es als «den vermutlich eindrucksvollsten und schönsten Gegenstand» Indiens.

Die raumgreifende Installation Lota besteht aus zwei wandgrossen, abstrakt-ornamental bemalten Stoffen, denen eine paraventhafte Skulptur aus Sichtbeton gegenübersteht. Die Farbpalette ist reduziert auf Schwarz, Weiss und Grau. Dreieck, Linie und Raute bilden die Grundmodule. Die Rauten der Betonstele nehmen auf einen zweiten Ort in Ahmedabad Bezug, den von Louis Khan 1962 erbauten Indian Institute of Management, das heute noch zu den bedeutendsten Wirtschaftsakademien Indiens zählt.

Das Grundmodul einer der Wandarbeiten bildet ein spitzes Dreieck, schwarz nach oben, weiss nach unten ausgerichtet. Drei Felder der weissen Dreiecke sind grau eingefärbt und formieren, neben der Irritation, die sie auslösen, ein zusätzliches Dreieck. Im Hinduismus ist das Dreieck ver- bunden mit dem Symbol der Yoni1 und der Göttin Durga2. Das Muster der zweiten Stoffarbeit bildet sich aus handgezogenen vertikalen schwarzen Linien auf weissem Grund. Beide Stoffe beziehen sich mit ihrer Formensprache auf hinduistische Traditionen von Yantras – rituelle Diagramme, die zur Meditation verwendet werden. Beim Betrachten der Wandbilder entsteht ein unablässiges Flirren, das sich, je länger und konzentrierter man sich in diese versenkt, in der Wahrnehmung zu einem dreidimensionalen, kontinuierlichen Bewegungsmoment verstärkt.

Lota führt den Betrachter in einen komplexen, sinnlichen Kosmos, der die indische Moderne und ihre Gegenwärtigkeit bis heute aufscheinen lässt.

Christiane Meyer-Stoll

<b>Matti Braun, Lota, 2007/2010</b>
Das Kunstmuseum Liechtenstein stellt jeden Monat ein Werk aus der eigenen Sammlung in den Mittelpunkt der Betrachtung. Auch werden regelmässig Werke aus der Sammlung der Hilti Art Foundation auf diese Weise vorgestellt.