Kunstwerk des Monats Dezember

Piet Mondrian, Tableau No. VIII with Yellow, Red, Black and Blue, 1925, Hilti Art Foundation

Piet Mondrian

* 1872 Amersfoort, Niederlande, † 1944 New York, USA


Tableau No. VIII with Yellow, Red, Black and Blue, 1925


Öl auf Leinwand

53,2 × 46,2cm (inkl. Rahmen, nicht original)

Hilti Art Foundation

Piet Mondrians künstlerisches Ziel war die Enthüllung des «Universalen» als Einheit des Wahren und des Schönen. Nach Ansicht des Künstlers war dieses jedoch nicht sichtbar zu machen durch das Abbilden natürlicher Gegenstände, sondern «nur durch abstraktkonkrete Gestaltung». Mondrian reduzierte seine Gestaltungsmittel auf Linie, Fläche und Farbe, und zwar so konsequent, dass er Linien letztlich nur als Vertikale und Horizontale, Flächen nur als Rechtecke, Farben nur als Primärfarben gelten liess. Er strebte jedoch keinen starren Formalismus an, sondern suchte ein lebendiges Gleichgewicht, da er, angeregt durch Hegels Dialektik, davon überzeugt war, dass alles Seiende nur in Verbindung mit seinem Gegensatz «real» werde.

Die Schaffung eines dialektischen Gleichgewichts der Gestaltungsmittel als ein aus der Formen- und Farbenvielfalt der Natur gewonnener Extrakt gelang Mondrian nur in kleinen Schritten. Die Beobachtung, dass z. B. das Nebeneinander von gelben, roten und blauen Farbflächen zu unterschiedlichen Tiefeneindrücken führt, widersprach seiner Auffassung von der Malerei als einer strikt zweidimensionalen Kunst. Um dies zu neutralisieren, bettete er sie daher in ein regelmässiges, schwarzes Liniengerüst ein. Die statische Struktur dieses Gerüsts entsprach jedoch nicht seinem Wunsch nach einer lebendigen Ordnung, so ging er dazu über, Linien, Flächen und Farben in freiem Spiel zu fein ausgewogenen «Kompositionen» zusammenzufügen.

Tableau No. VIII weist alle Merkmale seiner künstlerischen Überzeugungen auf. Es gehört zu den «peripheren» Kompositionen, denn das grosse weisse Rechteck (kein Quadrat!) beansprucht so viel Fläche, dass die kleineren Farbflächen an den Rand des Bildes gedrängt sind. Alle «zulässigen» Buntfarben kommen vor, doch jeweils nur einmal. Bewusst hat Piet Mondrian, wie in jedem seiner Bilder, Zentrierung und Symmetrie vermieden, hat die Komposition nicht rechnerisch durch mathematische Regeln, sondern intuitiv, durch spielerisches Kombinieren, ins Gleichgewicht gebracht. Durch die vor den Rahmen tretende Leinwand hat er das Bild darüber hinaus in den Rang eines Objektes erhoben.

Uwe Wieczorek

 

<b>Piet Mondrian, Tableau No. VIII with Yellow, Red, Black and Blue, 1925, Hilti Art Foundation</b>
Das Kunstmuseum Liechtenstein stellt jeden Monat ein Werk aus der eigenen Sammlung in den Mittelpunkt der Betrachtung. Auch werden regelmässig Werke aus der Sammlung der Hilti Art Foundation auf diese Weise vorgestellt.