Kunstwerk des Monats Mai

Pino Pascali, Bachi da setola, 1968

Pino Pascali

* 1935 in Bari, Italy, † 1968 in Rome, Italy


Bachi da setola, 1968


Acryl, Bürsten, Metall

40×28×305cm, 40×28×285cm

Erworben mit Mitteln der Gerda Techow gemeinnützige Stiftung, Vaduz

«Ich mag Tiere, denn ich finde, sie sind wie Eindringlinge, weil sie eben nicht der menschlichen Rasse angehören.[...]Das ist wie wenn man einen Vogel in die Hand nimmt, der vorher geflogen ist, zum Beispiel einen Spatz oder eine Schwalbe. In einem solchen Moment habe ich Kontakt zu einem Lebewesen, das nicht zur Welt der Zahlen gehört. Es existierte schon vorher und ist genauso präsent wie ich, von gleicher Lebensenergie und von gleicher Natur.» Pino Pascali

Bachi da setola (Borstenraupen) erinnern in ihrer Struktur und Form an überdimensionierte Raupen, die sich kriechend ihren Weg in den Ausstellungsraum bahnen. Erschaffen aus industriell hergestellten Kunststoffbürsten in leuchtenden Farben, gleichmässig aneinandergereiht und mittels einer Metallkonstruktion in Form gehalten, spielen diese übermässig grossen Borstengetiere mit der Ambivalenz artifizieller Entfremdung und gleichzeitiger Nachahmung von Natur. In ihrer überzeichneten Dimension erwecken sie Bilder von einer ‹Urnatur›, von einer Zeit, in der der Mensch noch nicht existierte, während die Verwendung alltagsgegenständlichen Materials in seiner poppigen Farbigkeit die kulturelle Künstlichkeit menschlichen Lebens markiert.

Das Spiel artifizieller ‹Wiedereinführung› von Natur in die künstlerische Praxis und damit einhergehend das Zusammenwirken von Realität und Imagination führt Pascali konsequent auch in Form von Sprache weiter. So birgt der Titel der Arbeit ein Wortspiel in sich: Der Künstler ersetzt das italienische Wort ‹seta› (Seide) durch ‹setola› (Borste) und verwebt das auf diese Weise imaginierte Tier der Seidenraupe (Baco da seta) – aus dessen Kokon die feine Endlos­Faser gewonnen wird – mit dem borstigen Raupen­Objekt (Baco da setola) im faktischen Raum. Das Werk Pino Pascalis ist nicht umfangreich, da er bereits mit knapp 33 Jahren an den Folgen eines Motorradunfalls verstarb. Bachi da setola gehören zu der unvollendet gebliebenen Werkgruppe La ricostruzione della natura (Rekonstruktion der Natur) des früh verstorbenen Arte povera­Künstlers.

Denise Rigaud

<b>Pino Pascali, Bachi da setola, 1968</b>
Das Kunstmuseum Liechtenstein stellt jeden Monat ein Werk aus der eigenen Sammlung in den Mittelpunkt der Betrachtung. Auch werden regelmässig Werke aus der Sammlung der Hilti Art Foundation auf diese Weise vorgestellt.