Kunstwerk des Monats November

Edith Dekyndt, Slow Object 017, 2020

Edith Dekyndt

1960 in Ypres, Belgien


Slow Object 017, 2020


Blattsilber auf Baumwolle
143 × 110 cm
Kunstmuseum Liechtenstein, Vaduz / Erworben mit Mitteln der Stiftung Freunde des Kunstmuseum Liechtenstein

 

Edith Dekyndts künstlerische Arbeit beschäftigt sich einerseits mit sozio-kulturellen und gesellschaftspolitischen Fragen, andererseits verfolgt und visualisiert sie in ihren Werken physikalische und chemische Prozesse und Phänomene, wie sie sich in unserem Alltag vollziehen, ohne dass wir ihnen Aufmerksamkeit schenken.
Slow Object 017 (Langsames / Träges Objekt 017) gehört zu dieser zweiten Gruppe von Werken der Künstlerin. Wir sehen ein Baumwolltuch, das lediglich an zwei Punkten an der Wand befestigt ist und deshalb leicht durchhängt und teils grobe Falten wirft. Dieses Tuch ist mit Blattsilber beschichtet. Durch die Falten des Tuches bedingt, reflektiert die silberne Oberfläche das Licht auf unterschiedliche Weise. Dadurch erhält das Werk bereits auf den ersten Blick eine lebendige Oberfläche. Zugleich ist die grobe Webstruktur des Stoffes deutlich sichtbar. Eine figürliche oder auch abstrakte zeichnerische oder malerische Darstellung ist jedoch nicht erkennbar. In der Tat handelt es sich um ein monochromes Bild, das sich jedoch durch den Faltenwurf auch als dreidimensionales Objekt präsentiert.
Dekyndt hat mit diesem Werk ein Langzeitprojekt angelegt. Das auf die Baumwolle aufgetragene Blattsilber wird in den kommenden Jahren mit der Luft sukzessive oxidieren und langsam dunkel werden, bis es tatsächlich schwarz sein wird. Dieses Gemälde, das zu Beginn strahlend hell, silberweiss leuchtet, wird sich selbst im Laufe der Zeit ummalen und schwarz werden. Dies hängt vom Grad der Feuchtigkeit und des Sauerstoffgehaltes in der umgebenden Luft ab, wie schnell oder langsam sich dieser Prozess vollziehen wird. In jedem Falle können wir an diesem Werk die Wirkung der Zeit und der chemischen Umweltbedingungen ablesen, sie förmlich direkt erfahren. Und selbst nach dem Ende des chemischen Umwandlungsprozesses wird uns das Werk an seine eigene «aktive» Zeit seiner selbstgefertigten Umwandlung erinnern. Eine schönere Metapher für die ständige Verwandlung der Welt ist kaum vorstellbar.

Friedemann Malsch

 

«Globale Phänomene faszinieren mich. Wellen, Physik, Mikroskopie und Makroskopie. Es ist wirklich verblüffend, dass all das funktioniert. Wir sind so sehr an die Schwerkraft gewöhnt, dass wir sie normal finden. Ein bisschen mehr oder weniger davon, eine geringfügige Veränderung, und diese Ordnung würde aufhören zu existieren. Deshalb präsentiere ich Objekte so, wie sie sind, als faszinierende Existenz von Dingen.»

Edith Dekyndt

<b>Edith Dekyndt, Slow Object 017, 2020</b>
Das Kunstmuseum Liechtenstein stellt jeden Monat ein Werk aus der eigenen Sammlung in den Mittelpunkt der Betrachtung. Auch werden regelmässig Werke aus der Sammlung der Hilti Art Foundation auf diese Weise vorgestellt.