Kunstwerk des Monats August

Pablo Picasso, Visage gris foncé au chapeau blanc, 1947, Hilti Art Foundation

Pablo Picasso

1881 in Málaga, Spanien – 1973 in Mougins / Cannes, Frankreich


Visage gris foncé au chapeau blanc (Dunkelgraues Gesicht mit weissem Hut), 1947


Öl auf Leinwand
92 x 73 cm
Hilti Art Foundation, Schaan


Picasso malte Visage gris foncé au chapeau blanc (Femme au chapeau) während seiner etwa zehnjährigen Partnerschaft mit Françoise Gilot, die zum Zeitpunkt der Datierung des Bildes hochschwanger war. Ihr gemeinsamer Sohn Claude kam am 15. Mai 1947 zur Welt. Er war der spätere Eigentümer des Bildes.

Picasso spielte das Thema des menschlichen Körpers und Kopfes in zahlreichen Varianten sowie in «allen nur denkbaren Modalitäten der Deformation» (Werner Spies) durch. Dabei stehen die Gestaltung und Charakterisierung konkreter Individuen nicht notwendig im Dienste äusserer Ähnlichkeit.

Visage gris foncé au chapeau blanc fällt durch ein auf die Schwarz-Weiss-Palette beschränktes dunkles Kolorit auf. Es dient Picasso zur Präsentation eines Frauenkopfes, den ein weisser, kokett geschwungener Hut ziert, der sich markant gegen den nahezu schwarzen Bildgrund absetzt. Der Maler liebte es, seine Modelle mit extravaganten Hüten darzustellen.

Visage gris ist gleichermassen linear wie auch skulptural erfasst, im Farbauftrag hingegen malerisch inszeniert. Kubistischer Mehransichtigkeit entsprechend, sind Augen, Nase und Profil nach gänzlich verschiedenen Seiten ausgerichtet. Als auffälliges Gesichtsmerkmal erweisen sich auch die Doppelkreise der Mundpartie.

Der Bildraum ist durch die summarische Andeutung eines Fensters, Spiegels oder Bilderrahmens sowie eines kubischen Möbels nur spärlich definiert. Er vermittelt eine Atmosphäre resonanzloser Stille. Die dargestellte Person scheint isoliert und in der Dunkelheit des kahlen, hermetischen Raumes auf sich selbst zurückgeworfen. Zu dieser letztlich aller Zeit enthobenen existenziellen Situation steht die kokette, eine vorübergehende Mode reflektierende Form des Hutes in auffälligem Kontrast. Sie offenbart einen Moment künstlerischer Ironie, zugleich die Lust am freien Formenspiel, dem auf die deformierte Physiognomie des Gesichtes folgt.

Uwe Wieczorek

 

«Beim Malen bedeutet ‹Suchen› meiner Ansicht nach gar nichts. Auf das Finden kommt es an.»

Pablo Picasso

Peter Schifferli: Pablo Picasso. Wort und Bekenntnis. Die gesammelten Dichtungen und Zeugnisse, Frankfurt am Main: Ullstein Verlag, 1957, S. 9 (26.05.1923).

<b>Pablo Picasso, Visage gris foncé au chapeau blanc, 1947, Hilti Art Foundation</b>
Das Kunstmuseum Liechtenstein stellt jeden Monat ein Werk aus der eigenen Sammlung in den Mittelpunkt der Betrachtung. Auch werden regelmässig Werke aus der Sammlung der Hilti Art Foundation auf diese Weise vorgestellt.